Jiyan und Anood aus dem Irak, Mortaza aus Afghanistan, Sara aus Eritrea (Namen teilweise geändert): Vier junge Migrant*innen hatten im Mai 2024 Gelegenheit, den Lübecker Bundestagsabgeordneten Bruno Hönel (Bündnis 90/Die Grünen) und Tim Klüssendorf (SPD) ihre Geschichten von belastenden Fluchterfahrungen und vom oft schwierigen Ankommen in Deutschland zu erzählen. Das Treffen in der Lübecker „Diele“ war die erste von bundesweiten Regionalveranstaltungen unter dem Motto „Zukunft ist immer!“, die die Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA) anlässlich ihres 75-jährigen Bestehens geplant hatte.
Zum Auftakt hatte der Jugendmigrationsdienst (JMD) der Gemeindediakonie Lübeck, der zugleich sein 35-jähriges Jubiläum feierte, geladen. Die jungen Menschen sind dort in Beratung und erhielten Unterstützung im Kampf gegen prekäre Arbeitsverhältnisse, betrügerische Telefonverträge, Zwangsheirat oder deutsche Bürokratie. „Die Geschichten sind ein Beweis dafür, wie wichtig die Strukturen sind – dass es überhaupt Ansprechpartner für die jugendlichen Geflüchteten gibt“, betonte Migrationsberaterin Serap Berrakkarasu.
Der JMD hat im Jahr 2023 427 Klient*innen aus 42 Nationen betreut. Hauptherkunftsländer („TOP 5“) waren: Afghanistan (121), Syrien (109), Irak (57), Eritrea (18) und Somalia (14).
Davon waren 85,7 % junge Migrant*innen zwischen 19 und 27 Jahren, 12,4 % zwischen 15 und 18 Jahren und 1,9 % zwischen 12 und 14 Jahren.
Beratung und Case-Management*
9 Klient*innen befanden sich im Case-Management. In diesem Rahmen wurden 1.170,16 Stunden für die Klient*innen aufgewendet. Davon entfielen 61,14 % auf die unmittelbare Arbeit mit den jungen Menschen (Gespräche, Korrespondenz, Begleitung), 7,69 % auf die Arbeit mit Eltern und Personensorgeberechtigten (Gespräche, Korrespondenz), und 31,17 % auf die Arbeit mit Angehörigen/Dritten (Gespräche, Korrespondenz).
*Das Case-Management ist eine Methode der sozialen Arbeit, die bei Ratsuchenden mit vielfältigen Problemlagen angewendet wird. Im Gegensatz zu einer Einzelfallberatung ist sie eine systematische Begleitung, zu der ein genauer Plan erstellt wird.
Cornelia Bauke, Bereichsleiterin Migration und Integration, hob hervor: „Es war wichtig, dass diesen jungen Menschen einmal in einer solchen Runde zugehört und nach ihren vielen Kämpfen ihre Zuversicht in Deutschland gestärkt wird.“
Die beiden Bundespolitiker zeigten ein großes Interesse und Verständnis für die Migrant*innen. An vielen der angesprochenen Themen seien sie mit ihren jeweiligen Parteikolleginnen und -kollegen im Bundestag dran und führten dazu Gespräche mit der Bundesregierung. So bedürfe es nach ihrer Überzeugung einer Gesetzesänderung, um unwissentlich am Telefon abgeschlossene Verträge in Zukunft zu verhindern.
Die Evangelische Jugendsozialarbeit hat es sich nach eigener Aussage zum Ziel gesetzt, „eine Gesellschaft der Vielfalt mitzugestalten, in der jeder Mensch gleiche Chancen auf ein erfülltes Leben hat. Dies umfasst insbesondere das Bestreben, diskriminierende und ausgrenzende Strukturen abzubauen und Inklusion zu fördern.“